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Kennen Sie Ihre Rechte? Z.B. Artikel 80 DS-GVO?

Großes Schweigen um Ihre Rechte. Wenn Ihre Daten (egal wo, egal wann, egal von wem und egal zu welchem Zweck) verarbeitet wurden, haben Sie folgende Rechte:

Art. 80 Abs. 1 der EU-VO 2016/679 regelt:

Abs. 1: Die betroffene Person hat das Recht, eine Einrichtung, Organisationen oder Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die ordnungsgemäß nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet ist, deren satzungsmäßige Ziele im öffentlichem Interesse liegen und die im Bereich des Schutzes der Rechte und Freiheiten von betroffenen Personen in Bezug auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten tätig ist, zu beauftragen, in ihrem Namen eine Beschwerde einzureichen, in ihrem Namen die in den Artikeln 77, 78 und 79genannten Rechte wahrzunehmen und das Recht auf Schadensersatz gemäß Artikel 82 in Anspruch zu nehmen, sofern dieses im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen ist.

    Abs. 2: Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass jede der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Einrichtungen, Organisationen oder Vereinigungen unabhängig von einem Auftrag der betroffenen Person in diesem Mitgliedstaat das Recht hat, bei der gemäß Artikel 77 zuständigen Aufsichtsbehörde eine Beschwerde einzulegen und die in den Artikeln 78 und 79 aufgeführten Rechte in Anspruch zu nehmen, wenn ihres Erachtens die Rechte einer betroffenen Person gemäß dieser Verordnung infolge einer Verarbeitung verletzt worden sind.

      Der EuGH bestärkt die internationale Postulationsfähigkeit der nationalen Verbände (Vereine) um eine Klagemöglichkeit ganz ohne einen Auftrag einer betroffenen Person und urteilte:

       „64     Was als Erstes den persönlichen Anwendungsbereich eines solchen Verfahrens betrifft, so wird die Klagebefugnis einer Einrichtung, Organisation oder Vereinigung zuerkannt, die die in Art. 80 Abs. 1 DSGVO aufgeführten Kriterien erfüllt. Diese Bestimmung verweist insbesondere auf „eine Einrichtung, Organisation oder Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die ordnungsgemäß nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet ist, deren satzungsmäßige Ziele im öffentliche[n] Interesse liegen und die im Bereich des Schutzes der Rechte und Freiheiten von betroffenen Personen in Bezug auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten tätig ist“.

      65      Es ist festzustellen, dass ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen wie der Bundesverband unter diesen Begriff fallen kann, da er ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgt, das darin besteht, die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen in ihrer Eigenschaft als Verbraucher zu gewährleisten, und die Verwirklichung eines solchen Ziels mit dem Schutz der personenbezogenen Daten dieser Verbraucher in Zusammenhang stehen kann.

      66      Der Verstoß gegen die Vorschriften zum Schutz der Verbraucher oder zur Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken – den ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen wie der Bundesverband insbesondere durch die in der anwendbaren nationalen Regelung vorgesehene Unterlassungsklage verhindern und ahnden möchte – kann nämlich, wie im vorliegenden Fall, mit einem Verstoß gegen die Vorschriften zum Schutz der personenbezogenen Daten dieser Verbraucher einhergehen.

      67      Was als Zweites den sachlichen Anwendungsbereich dieses Verfahrens betrifft, so kann eine Einrichtung, die die in Art. 80 Abs. 1 DSGVO genannten Voraussetzungen erfüllt, die in Art. 80 Abs. 2 DSGVO vorgesehene Verbandsklage unabhängig von einem ihr erteilten Auftrag nur dann erheben, wenn „ihres Erachtens die Rechte einer betroffenen Person gemäß dieser Verordnung infolge einer Verarbeitung [der personenbezogenen Daten dieser Person] verletzt worden sind“.

      68      Insoweit ist erstens auszuführen, dass von einer solchen Einrichtung für die Zwecke der Erhebung einer Verbandsklage im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO nicht verlangt werden kann, dass sie die Person, die von einer Verarbeitung von Daten, die mutmaßlich gegen die Bestimmungen der DSGVO verstößt, konkret betroffen ist, im Voraus individuell ermittelt.

      Art. 80 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, nach der ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen gegen den mutmaßlichen Verletzer des Schutzes personenbezogener Daten ohne entsprechenden Auftrag und unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte betroffener Personen Klage mit der Begründung erheben kann, dass gegen das Verbot der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken, ein Verbraucherschutzgesetz oder das Verbot der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen verstoßen worden sei, nicht entgegensteht, sofern die betreffende Datenverarbeitung die Rechte identifizierter oder identifizierbarer natürlicher Personen aus dieser Verordnung beeinträchtigen kann.“

      (Urteil vom 28.04.2022 in der Rechtssache C-319/20 ECLI:EU:C:2022:322)

      In einer vorangegangenen Rechtssache urteilte der EuGh noch unter Bezug auf die RL 95/46 EG

      35     Das vorlegende Gericht hat zunächst Zweifel, ob die Richtlinie 95/46 gemeinnützige Verbände berechtigt, zur Wahrung der Interessen verletzter Personen Klage zu erheben. Art. 24 dieser Richtlinie stehe einer Prozessführungsbefugnis von Verbänden nicht entgegen, da die Mitgliedstaaten nach dem Wortlaut dieser Bestimmung „geeignete Maßnahmen“ zu ergreifen hätten, um die volle Anwendung dieser Richtlinie sicherzustellen. Das vorlegende Gericht ist daher der Ansicht, dass eine nationale Regelung, die es Verbänden erlaube, im Interesse der Verbraucher Klage zu erheben, eine derartige geeignete Maßnahme sein könne.

      36      Es weist darauf hin, dass in Art. 80 Abs. 2 der Verordnung 2016/679, durch die die Richtlinie 95/46 aufgehoben und ersetzt worden sei, eine Verbandsklage ausdrücklich vorgesehen sei. Das spreche dafür, dass die Richtlinie 95/46 einer solchen Klage nicht entgegenstehe.

      (EuGH Urteil v. 29.07.2019 in der Rechtssache C‑40/17; ECLI:EU:C:2019:629)

      Soweit § 79 ZPO den Anwaltsprozess etabliert und damit die Prozessführungsbefugnis der Vereine auf Verfahren vor dem AG beschränken möchte gilt, die regelmäßige Rechtsprechung des EuGH auch hier:

      „Gemäß dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts bewirken nämlich die Bestimmungen der Verträge und die unmittelbar geltenden Rechtsakte der Organe in ihrem Verhältnis zum innerstaatlichen Recht der Mitgliedstaaten, dass allein durch ihr Inkrafttreten jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts ohne Weiteres unanwendbar wird (Urteile vom 9. März 1978, Simmenthal, 106/77, EU:C:1978:49, Rn. 17, vom 19. Juni 1990, Factortame u. a., C‑213/89, EU:C:1990:257, Rn. 18, und vom 4. Februar 2016, Ince, C‑336/14, EU:C:2016:72, Rn. 52).“

      (Urteil des EuGH v. 23.03.23 in der Rechtssache C‑34/21 Rn. 83; ECLI:EU:C:2023:270)

      „Außerdem können die Einheit und die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass sich ein Mitgliedstaat auf Bestimmungen des nationalen Rechts beruft. Die Wirkungen des Grundsatzes des Vorrangs des Unionsrechts sind nämlich für alle Stellen eines Mitgliedstaats verbindlich, ohne dass dem insbesondere die innerstaatlichen Bestimmungen, auch wenn sie Verfassungsrang haben, entgegenstehen könnten (Urteil vom 22. Februar 2022, RS [Wirkung der Urteile eines Verfassungsgerichts], C‑430/21, EU:C:2022:99, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).“

      (Urteil des EuGH v. 16.01.2024 in der Rechtssache C‑33/22 Rn. 70; ECLI:EU:C:2024:46)


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