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kein Beteiligter als Ergänzungspfleger oder Vormund

Peinlichkeiten deutscher Rechtsanwendung zur Beteiligtenstellung im Familienrecht.

Wie der BGH u.a. in seinem Beschluss vom 28. September 2016 – XII ZB 251/16 ausführt, wäre der Amtsvormund ein sogenannter Muss-Beteiligter gem. § 7 (2) Nr. 1 FamFG. In Rn 14 heißt es hierzu:

Die Hinzuziehung eines Beteiligten kann auch konkludent erfolgen, etwa durch das Übersenden von Schriftstücken oder die Ladung zu Terminen (Senatsbeschluss vom 9. April 2014 XII ZB 595/13 FamRZ 2014, 1099 Rn. 11).

Gern verweist der BGH auf seine eigene Rechtsprechung, ohne zu berücksichtigen, dass diese überhaupt keine gesetzliche Bindungswirkung inne hat noch zutreffend wäre. Aber was war passiert? Hat der BGH übersehen, dass

gegenüber jedem Beteiligten die Prozessstandschaft grundsätzlich klargestellt und transparent werden muss, ebenso welche Rechte geltend gemacht werden? Hat er nach dem Inkrafttreten der DS-GVO auch übersehen, dass die – eine Hinzuziehung auslösende – Übermittlung von Schriftstücken dann auch befugt erfolgen muss?

Eine „konkludente Beteiligung“ bedeutet in dem Fall, dass allein die Übersendung z.B. eines anwaltlichen Schriftsatzes vom Gericht an das Jugendamt ohne weitere Info gegenüber den Eltern die Prozessstandschaft des Jugendamtes ändern würde. Wie informiert und transparent ist das denn? Eine derartige Rechtsanwendung heimlicher Beteiligung sieht das Gesetz über die Hinzuziehung von Beteiligten an keiner Stelle vor. Auch fehlt der höchstrichterlichen Rechtsverschwendung jede Prüfung auf die Voraussetzungen des § 7 (2) Nr. 1 FamFG.

Mal abgesehen davon verbietet § 139 FamFG, § 170 GVG, § 203, 353 d StGB die Übersendung von prozessvorbereitenden Schriftsätzen aus nicht öffentlichen Verfahren an nicht Beteiligte. Auch die DS-GVO bietet hierfür keinerlei Befugnis. Damit würde die vom BGH entwickelte „konkludente Beteiligung“ auf einer strafbaren Offenlegung personenbezogener Daten beruhen.

Besser das OLG Bamberg.

Es erlässt gem. § 7 (5) FamFG einen Beschluss  v. 11.03.2024 – 2 UF 37/24 e

Dort heißt es:

1. Durch die Anordnung der Ergänzungspflegschaft wird das Jugendamt ebenso wie durch deren Ablehnung nicht in eigenen Rechten betroffen. Das Jugendamt ist daher in diesen Verfahren kein Beteiligter iSv § 7 Abs. 2 FamFG. (Rn. 3 – 5)

2. Eine förmliche Beteiligung eines mit der Führung der Ergänzungspflegschaft (oder Vormundschaft) gem. § 55 SGB VIII Beauftragten in eigener Person – also unabhängig vom bestellten Ergänzungspfleger (oder Vormund) – in einem Kindschaftsverfahren der elterlichen Sorge kommt nicht in Betracht. (Rn. 7)

1. Ein Ergänzungspfleger, der in einem Verfahren der elterlichen Sorge vom Gericht beauftragt wurde, ist in dem Beschwerdeverfahren, mit dem die Eltern jeweils den Teilentzug ihrer Rechte anfechten, kein Beteiligter iSv § 7 Abs. 2 FamFG, weil er nicht in eigenen Rechten verletzt ist. (Rn. 3 – 5) (redaktioneller Leitsatz)

2. In einem Kindschaftsverfahren der elterlichen Sorge kommt eine förmliche Beteiligung eines mit der Führung der Ergänzungspflegschaft (oder Vormundschaft) gem. § 55 SGB VIII Beauftragten in eigener Person – also unabhängig vom bestellten Ergänzungspfleger (oder Vormund) – nicht in Betracht. (Rn. 7)

Dann folgen nachvollziehbare Gründe, die gerade gegen eine Stellung als Beteiligte gem. § 7 (2) oder (3) FamFG sprechen und rechtlich auch überzeugen.


2 Kommentare

  1. Hallo, deswegen ist eine vom FamG bestellte Ergänzungspflegschaft in einem §1666 Verfahren ein „mitwirkend Verfahrensbeteiligter“?
    Ist dann (auch) eine Schweigepflichtentbindung und/oder Einwilligung zur Datenverarbeitung der Eltern erforderlich?

    • Die Wortschöpfung „mitwirkend Verfahrensbeteiligter“ sind allein am Norminhalt zu bestimmen. Die Norm kennt einen solchen Begriff nicht. Ein Ergänzungspfleger (EP) ist kein Beteiligter i.S.d. § 7 FamFG. Die Erlaubnis zur Verarbeitung personenbezogener Daten oder die Offenlegung privater Geheimnisse ist autonom davon zu ermitteln. Der EP ist nicht Teil des § 203 StGB. Jede Befugnis muss dem EP übertragen UND den Eltern entzogen werden. Nur die Übertragung „verdoppelt“ das Recht bzw. die Träger des Rechts dann nur auf eine weitere Person. Ist das Recht nicht erfasst, ist immer eine Einwilligung erforderlich. Die Befugnis über die Daten der Eltern sind hiervon nie erfasst. Die Bestellung macht ja den EP nicht zum Pfleger (Betreuer) der Eltern, sondern des Kindes.

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