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Anfrage Betreungsbehörde

Plötzlich waren wir Mitlesender in CC. einer Anfrage an die Betreuungsbehörde Leipzig. Die Anfrage lautete wie folgt:

Betreuungsbehörde Leipzig
Frau Sachgebietsleiterin
Cathrin Kirchner-Hidalgo
Prager Straße 118 -136

04317 Leipzig
Telefon: 0341 123-6411
Fax: 0341 123-6435

Sehr geehrte Frau Kirchner-Hidalgo,

vielen Dank für Ihre Zeilen (unten, 1).

Bitte gehen Sie noch auf den zweiten Fragenkomplex ein. Diese lautete:
Insbesondere interessiert mich, ob dem Gericht übersandte ärztliche Atteste und psychiatrische Gutachten von dort an Sie weitergeleitet werden und ob Sie die Betroffenen über Sachzweck und Rechtsgrundlage der dann stattfindenden Verarbeitung/ Speicherung informieren müssen.

Hintergrund meiner Nachfrage sind entsprechende Hinweise, wonach Betreuungsrichter (auch anderswo) Kopien von ärztlichen Attesten und Gutachten unter Bruch des grundlegenden Zweckbindungsprinzips der Datenverarbeitung und unter Missachtung ihrer höchst persönlichen gesetzlichen -gem. § 203 Abs. 2 Satz 1 strafbewehrten- Schweigepflicht an die Betreuungsbehörde ausgereicht haben sollen, ohne dass die Betroffenen davon erfuhren und ihr informiertes Einverständnis abgegeben hätten.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Kenntnisnahme der jede Menge (richtige/ unrichtige, auf Justiziabilität und Richtigkeit noch nicht überprüften) Daten (inklus. psychiatr. Fehldiagnosen usw.) enthaltenden schriftlichen Äußerungen z.B. von Psychiatern zu den gesetzlichen Aufgaben der Bediensteten Ihrer Behörde gehören könnte

Ich hielte die Verarbeitung und Speicherung solcher dem Gericht vorliegender Daten für illegal auch wegen des weiteren Grundsatzes der Datensparsamkeit im staatlichen Umgang mit personenbezogenen Daten/ Gerüchten.

Die Flutung mit (auch unrichtigen und überflüssigen) Daten/ Gerüchten dürfte auch zu einer mehr oder weniger schwerwiegenden Sabotage der Erfüllung bundesgesetzlich geregelter Aufgaben führen sowie zu geminderter Arbeitszufriedenheit Ihrer Mitarbeit.

Ich bitte vor diesem Hintergrund darum, die Sache sehr ernst zu nehmen und sich auch mit der Referatsleitung, ihrem Datenschutzbeauftragten und dem OBM Jung zu besprechen.

Denn vergleichbare Probleme mit der Gerüchteverarbeitung/ Gerüchtespeicherung gibt es seit langem im Bereich des Leipziger Jugendamtes. Vicky Felthaus bestreitet das nicht, sondern schweigt zum Thema illegaler Daten-/ Gerüchtespeicherung bislang ganz (2).

Mit freundlichem Gruß

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Da wir schon ein Mitlesender waren, lag die kurze Beantwortung und kollegiale Unterstützung des dortigen Datenschutzbeauftragten durch uns nah und lautete wie folgt:

Sehr geehrte Frau Kirchner-Hidalgo.
Ich möchte Sie bei der Beantwortung der Anfrage gerne unterstützen.

Die Bundesregierung hat bei der Verabschiedung und im Wortlaut des Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) dort § 4 Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Behörde
Zitat: „(1) Die Verarbeitung personenbezogener Daten des Betroffenen und solcher Personen, auf die es bei der Aufgabenerfüllung ankommt, einschließlich besonderer Kategorien personenbezogener Daten nach Artikel 9 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) durch die Behörde ist zulässig, soweit sie zur Erfüllung der ihr nach Abschnitt 1 Titel 2 obliegenden Aufgaben erforderlich ist. Die für diesen Zweck erforderlichen Daten sind grundsätzlich bei der betroffenen Person zu erheben. Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden, und …“

keine konkrete einschlägige Öffnungsklausel im Art. 9 (2) lit. a) – j) DS-GVO angegeben. Damit mangelt es für eine Befugnisnom an der hinreichenden Bestimmtheit und Vorhersehbarkeit, wodurch die mit der Verarbeitung personenbezogener Daten verbundenen Eingriffe in den Einwilligungsvorbehalt (Art. 9 (2) lit. a zurückfallen. Diese Norm lässt auch offen, ob bei einer Erhebung bei Dritten ein Widerspruchsrecht und Abwägungspflicht besteht. Darüber hinaus gilt das BtOG nur für die darin benannten Betreuungsbehörden.

Ihre Antwort könnte also z.B. so lauten:

Weil das Gericht weder Normadressat des BtOG ist und das Gericht für eine Betreuungsbehörde datenschutzrechtlich grundsätzlich ein Dritter ist, kann § 4 BtOG für die Übermittlung von Gutachten vom Gericht und einer Speicherung von jeglichen Gutachten in der Betreuungsbehörde keine hinreichende gesetzliche Grundlage darstellen.

Für die uns übertragenen Aufgaben sind med. Atteste und psychiatrische Gutachten auch nicht erforderlich. Auch wenn § 11 BtOG Aufgaben im gerichtlichen Verfahren festlegt, stellt § 11 lediglich eine Aufgabennorm dar. Weil es nicht erlaubt ist, von einer Aufgabe auf eine Befugnis zu schließen, ist § 11 BtOG keine Befugnisnorm für die mit der Verarbeitung personenbezogener Daten verbundenen Eingriffe. Solche bedürfen daher der ausdrücklichen Einwilligung des Betroffenen.

Sehen Sie das auch so? Gegenargumente können wir auch gerne telefonisch erörtern.

Mit bestem Gruß

Daniel Grumpelt,
Präsident des Datenschutzvereins Artikel 80 e.V.

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Es kam kein Veto


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